Kein § 269 StGB bei Fälschung einer Papierurkunde mit Photoshop

» AG Karlsruhe, Beschluss vom 18.01.2022 - 17 Ds 640 Js 41134/18«

Kurzzusammenfassung

Der Mandant soll einen Scan eines manipulierten Verrechnungsschecks per E-Mail an eine Bank übersandt und dabei angekündigt haben, diesen Scheck alsbald einlösen zu wollen. Die Staatsanwaltschaft klagte ihn in der Folge wegen gewerbsmäßiger Fälschung von Zahlungskarten, Schecks und Wechseln (strafbar nach § 152a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 StGB) an. Hiergegen wandten wir uns im Zwischenverfahren mit einer umfangreichen Stellungnahme und beantragten, die Anklage nicht zur Hauptverhandlung zuzulassen. Das Amtsgericht folgte unserem Antrag und lehnte die Eröffnung des Hauptverfahrens ab.

Interessant ist die Entscheidung insbesondere im Hinblick darauf, dass auch der Tatbestand des Fälschens beweiserheblicher Daten nicht erfüllt war. Dieser wird von den Strafverfolgungsbehörden bei mittels Bildbearbeitungsprogrammen digital manipulierten Papierurkunden gerne als Auffangtatbestand genutzt, wenn andere Tatbestände nicht greifen.

Der vorliegende Fall entspricht indes Fällen, in denen beispielsweise im Rahmen einer Bewerbung per E-Mail ein gescanntes und mittels Photoshop digital manipuliertes Arbeitszeugnis als PDF-Dokument übermittelt wird. Auch hier wären weder § 267 StGB noch § 269 StGB einschlägig. Für eine Strafbarkeit nach § 267 StGB fehlte es an einer physischen Verkörperung des gefälschten Zeugnisses, für eine Strafbarkeit nach § 269 StGB an der Fälschung beweiserheblicher Daten.


Volltext der Entscheidung


Amtsgericht Karlsruhe

Beschluss

In dem Strafverfahren gegen
███████ █████████

Verteidiger: Rechtsanwalt Jürgen Just, Kriegsstraße 212, 76135 Karlsruhe
wegen gewerbsmäßiger Fälschung von Zahlungskarte, Schecks und Wechseln

hat das Amtsgericht Karlsruhe durch die Richterin Krauß am 18. Januar 2022 beschlossen:

1. Das Hauptverfahren wird nicht eröffnet.

2. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten fallen der Staatskasse zur Last.

GRÜNDE:

I.

Dem Angeschuldigten wird durch Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Karlsruhe vom 09.12.2019 zur Last gelegt, am 27.08.2018 der ███████-Bank Karlsruhe eG, ██████████████████ ██████████████, per E-Mail einen Scan eines gefälschten Verrechnungsschecks der ███████ Bank mit Datum vom 11.04.2018 über 25.000,00 EUR übersandt und angekündigt zu haben, diesen einzureichen, um die ███████-Bank eG zur Gutschrift dieses Betrages auf das Konto der Fa. ██████████████ GmbH zu veranlassen und sich dadurch eine Einnahmequelle von einiger Dauer und gewissem Umfang zu verschaffen. Dabei soll er jedenfalls billigend in Kauf genommen haben, dass der Verrechnungsscheck gefälscht gewesen sei.

II.

Da Hauptverfahren kann aus rechtlichen Gründen nicht eröffnet werden (§§ 204 Abs. 1, 210 Abs. 2 StPO), da die vorgeworfene Tat nicht tatbestandsmäßig ist.

§ 152a Abs. 1 Nr. 2 StGB sieht eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahre oder Geldstrafe vor, wenn jemand zur Täuschung im Rechtsverkehr oder, um eine solche Täuschung zu ermöglichen, solche falschen Karten, Schecks, Wechsel oder anderen körperlichen unbaren Zahlungsinstrumente sich oder einem anderen verschafft, freihält, einem anderen überlässt oder gebraucht.

Eine tatbestandsmäßige Handlung liegt hier nicht vor. Für Gebrauchen im Sinne des § 267 StGB genügt das Vorlegen einer als solche erkennbaren Abschrift in der Regel nicht. Zwar ist ein Gebrauchen im Sinne des § 267 StGB anzunehmen, wenn die Fotokopie einer unechten Originalurkunde verwendet wird und die Kopie als solche erscheinen soll (Fischer, StGB, 69. Aufl. 2022, § 267 Rn. 37 m.w.N.). Das Vorlegen der Kopie einer falschen Urkunde kann aber nur Gebrauchen der gefälschten Urkunde sein, wenn überhaupt jemals eine (falsche) Urkunde Vorgelegen hat (vgl.Fischer, a.a.O., § 267 Rn. 19). Hieran fehlt es. Dass der eingescannte gefälschte Scheck vorliegend jemals verkörpert Vorgelegen hat, lässt sich der Akte nicht zweifelsfrei entnehmen.

Zwar führt die Staatsanwaltschaft aus, es sei unerheblich, ob die Fälschung verkörpert sei oder lediglich in digitaler Form existiere, da der Tatbestand des § 152a StGB auch die Fälle des § 269 StGB umfasse und verdränge (MüKoStGB/Erb, 4. Auf!. 2021, StGB § 152a Rn. 16). § 269 StGB umfasse dabei auch Datenurkunden (BeckOK StGB/Veidemann, 51. Ed. 1.11.2021, StGB § 269 Rn. 9).

Ein Verrechnungsscheck wird allerdings ausschließlich in Papierform ausgestellt und durch physische Vorlage bei einer Bank verwendet. Dies bestätigte auch die ███████████ Karlsruhe mit Schreiben vom 16.08.2021 (AS 671). Digitale Daten sind auf der Urkunde nicht gespeichert. Die digitale Fälschung einer solchen Papierurkunde mittels Bildbearbeitungsprogramms unterfällt nicht § 269 StGB, da es sich bei der durch Scan oder rein digital am PC erstellten Grafik- bzw . PDF-Datei nicht um „beweiserhebliche“ Daten handelt, die sodann manipuliert werden.

Auch bestehen Zweifel an der Erfüllung des subjektiven Tatbestands. Insofern wird auf die Ausführungen des Verteidigers des Angeklagten (AS 655) Bezug genommen. Im Raum steht auch ein etwaiger Verbotsirrtum des Angeschuldigten.

Eine Versuchsstrafbarkeit nach § 152a Abs. 1, Abs. 2, 22, 23 StGB ist nicht Gegenstand der Anklageschrift vom 09.12.2019.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 464 Abs. 1, 467 Abs. 1 StPO in entsprechender Anwendung.

Unterschrift