Akteneinsicht im Strafverfahren

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Akteneinsicht

Die Akteneinsicht

Die wichtigste Informationsquelle in einem Strafverfahren ist für den Verteidiger neben den Angaben seines Mandanten immer der Inhalt der Ermittlungsakte. Denn die Ermittlungsakte spiegelt spätestens zum Zeitpunkt der Anklageerhebung den Kenntnisstand der Ermittlungsbehörde (Polizei, Staatsanwaltschaft, Steuerfahndung etc.) und des Gerichts wieder. Erst nach der Akteneinsicht kann der Verteidiger die für und gegen Sie sprechende Beweislage verlässlich beurteilen.

Inhalt der Ermittlungsakte

Die Ermittlungsakte gibt Auskunft über den Stand der Ermittlungen. In der Akte finden sich beispielsweise die Protokolle der Zeugenaussagen sowie Ermittlungsberichte der Polizei. Darüber hinaus beinhaltet die Akte gegebenenfalls noch Gutachten (z. B. Wirkstoffbestimmung bei Betäubungsmitteln, Obduktionsbericht etc.), Tatortfotos oder Protokolle aus der Telefonüberwachung. Wie Sie sehen, enthält die Akte eine Vielzahl wichtiger Informationen, die für eine effektive Verteidigung von großer Bedeutung sein können.

Akteneinsicht ohne Anwalt?

Ein umfassendes Akteneinsichtsrecht in die Originalakte sowie sämtliche Aktenbestandteile hat gemäß § 147 Abs. 1 StPO nur ein Rechtsanwalt. Ein Beschuldigter kann ohne Anwalt nur in sehr begrenztem Umfang an Informationen aus der Ermittlungsakte kommen. Er hat lediglich einen Anspruch auf Auskünfte und Kopien von Aktenbestandteilen, soweit dies zu seiner angemessenen Verteidigung erforderlich ist. Wie will der Beschuldigte aber beurteilen können, welche Aktenbestandteile er kennen muss, um sich angemessen verteidigen zu können, wenn er deren Inhalt gar nicht kennt? Darüber hinaus wird dies am Ende der Richter beziehungsweise der Staatsanwalt bestimmen, der im späteren Verfahren maßgeblich an einer Verurteilung des Beschuldigten mitwirken könnte. In einem Strafverfahren bringt es dem Beschuldigten damit in der Regel recht wenig, wenn er versucht, ohne einen Anwalt Akteneinsicht zu bekommen. Generell sei bereits an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass es für einen Beschuldigten riskant ist, ein Strafverfahren ohne Verteidiger durchstehen zu wollen.

Erst einmal nur eine Akteneinsicht?

Manche Beschuldigte scheuen sich aufgrund der Kosten davor, in dem gegen sie geführten Strafverfahren einen Rechtsanwalt zu beauftragen. Sie haben dann die Idee, dass sie erst einmal über einen Anwalt Akteneinsicht nehmen könnten, ohne den Anwalt jedoch mit der weiteren Verteidigung zu beauftragen. Mittlerweile finden Sie im Internet einige Kanzleien, die für kleines Geld Akteneinsicht für Sie nehmen und Ihnen die Akte dann (ohne weitere Beratung und Tätigkeit) zur Verfügung stellen. Die Mandanten hoffen dann darauf, dass sich durch die Akteneinsicht in die Ermittlungsakte ergibt, dass man das Strafverfahren auch ohne Anwalt zu einem guten Ende bringen kann.

Wir haben in unserer langjährigen Tätigkeit als Fachanwälte für Strafrecht so gut wie keinen Fall erlebt, in dem man dem Mandanten nach erfolgter Akteneinsicht dazu raten konnte, nichts weiter zu tun oder sich gar selbst gegenüber Staatsanwaltschaft und Gericht zu verteidigen. Letztlich ist es mit der Akteneinsicht wie mit einem Besuch beim Arzt: dort nützt es Ihnen auch recht wenig, wenn Sie den Arzt nur damit beauftragen, Röntgenbilder von Ihrem gebrochenen Arm anzufertigen. Darüber hinaus droht bei einer bloßen Akteneinsicht ein weiteres Risiko. Sobald der Anwalt die Akte an die Staatsanwaltschaft zurückgegeben hat, wird der Staatsanwalt darauf warten, dass eine Stellungnahme des Rechtsanwalts bei ihm eingeht. Bleibt diese Stellungnahme aus, weil der Rechtsanwalt nur mit der Akteneinsicht und gerade nicht mit der weiteren Verteidigung beauftragt war, entscheidet der Staatsanwalt (meist nach zwei bis vier Wochen) vollkommen eigenständig. Und auch hier zeigt unsere Erfahrung als Strafverteidiger, dass viele Staatsanwälte bei einem unverteidigten Beschuldigten dann direkt Anklage erheben beziehungsweise den Erlass eines Strafbefehls beantragen, als bei einem Beschuldigten, der sich durch einen Fachanwalt für Strafrecht vertreten lässt.

Wie lange dauert es mit der Akteneinsicht?

Wie lange es dauert, bis uns die Ermittlungsakte in Ihrem Verfahren zur Einsichtnahme überlassen wurde, lässt sich nicht pauschale beantworten. Denn oftmals wird die Akte von der Staatsanwaltschaft noch zurückgehalten, um noch andauernde Ermittlungen nicht zu gefährden. Auch kann es vorkommen, dass die Akten noch an andere Behörden versandt sind. Erfahrungsgemäß liegen uns die Akten in den meisten Fällen nach rund sechs bis acht Wochen zur Einsichtnahme vor. Allerdings gibt es auch Fälle, in denen es deutlich schneller oder deutlich länger geht. Gerade in umfangreichen Wirtschaftsstrafverfahren kann es vorkommen, dass der Verteidigung erst Monate später Akteneinsicht gewährt wird.

Wie viele Seiten hat eine Akte?

Wie viele Seiten die Ermittlungsakte hat, hängt entscheidend vom Umfang der Ermittlungen und der Ihnen vorgeworfenen Straftat ab. So hat beispielsweise eine Ermittlungsakte beim Vorwurf einer Schwarzfahrt oder eines Ladendiebstahls oft weniger als 50 Seiten. In BtM-Sachen haben die Akten wiederum oft einen Umfang von mehr als 300 Seiten. In großen Wirtschaftsstrafverfahren sind Akten mit mehreren zehntausend Seite keine Seltenheit.

Ohne Akteneinsicht keine Aussage!

Es gibt einen eisernen Verteidigergrundsatz, der da lautet: ohne Akteneinsicht keine Aussage! Denn ohne die Akteneinsicht kann der Verteidiger nicht beurteilen, was die Ermittlungsbehörden tatsächlich wissen und was nicht. Darüber hinaus schildern Zeugen das Erlebte oft ganz anders, als der eigene Mandant. Daher muss man als sorgsamer Verteidiger zunächst Akteneinsicht gehabt haben, um das weitere Vorgehen planen zu können. Oftmals haben Mandanten den Drang, sich gegenüber der Polizei rechtfertigen zu müssen. Wer aber nicht weiß, was die Polizei weiß, läuft Gefahr, Dinge zu verraten, die sonst vielleicht nie ermittelt worden wären.

Wir kümmern uns um alles

Wenn wir ein neues Mandat übernehmen, ist einer der ersten Schritte die Beantragung von Akteneinsicht. Diese wird uns dann durch die Staatsanwaltschaft an unsere Kanzlei für Strafrecht in Karlsruhe übermittelt. Wir kopieren die Akte und geben sie anschließend wieder an die Staatsanwaltschaft zurück. Gleichzeitig informieren wir die Staatsanwaltschaft darüber, dass wir für unseren Mandanten eine schriftliche Stellungnahme abgeben werden. Wir stellen Ihnen die Akte sodann in Papierform oder als PDF-Dokument ebenfalls zur Verfügung, damit Sie sich auch ein eigenes Bild vom Akteninhalt machen können. Sobald Sie dies getan haben, besprechen wir mit Ihnen das weitere Vorgehen und schlagen Ihnen die aus unserer Sicht in Betracht kommenden Verteidigungsstrategien vor. Dies kann dann beispielsweise eine umfassende schriftliche Stellungnahme in Kombination mit einem Einstellungsantrag oder der Antrag auf Erhebung weiterer Beweise sein.