Kein tätlicher Angriff auf Polizeibeamte
» LG Tübingen, Urteil vom 17.11.2021 - 25 Ns 37 Js 23801/20 «
Kurzzusammenfassung
Ein Polizeibeamter beobachtete, wie der 67-jährige Mandant sein Auto einparkte und sich dabei noch während der Fahrt abgeschnallt hatte. Er sprach ihn darauf hin an, und erkundigte sich mit einem Augenzwinkern danach, ob der Mandant eine Gurtbefreiung habe. Dieser quittierte diese Frage mit einem patzigen "Da steht meine Aussage gegen die eines Dorfpolizisten!". Der Polizist wollte nun die Personalien des Mandanten aufnehmen. Dieser musste jedoch dringend auf die Toilette und lief davon. Der Beamte versuchte, ihn anzuhalten, was ihm nicht gelang. Schließlich brachte der Polizeibeamte unseren Mandanten zu Boden, wogegen sich unser Mandant wehrte und den Beamten beschimpfte. Die Staatsanwaltschaft erhob gegen den Mandanten Anklage wegen des Vorwurfs der Beleidigung, des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte und Körperverletzung. Das Amtsgericht Calw verurteilte ihn wegen dieser Delikte zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten, ausgesetzt zur Bewährung.
Gegen das Urteil des Amtsgerichts legten wir für unseren Mandanten Berufung ein und verteidigten ihn in der zweitägigen Hauptverhandlung vor dem Landgericht Tübingen. Das Landgericht schloss sich am Ende der Verhandlung weitestgehend unserer Berufung an und verurteilte den Mandanten lediglich wegen der Beleidigung im Wege einer Verwarnung mit Strafvorbehalt zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen. Die körperliche Gegenwehr gegenüber dem Polizeibeamten sah das Gericht als durch Notwehr gerechtfertigt an, da der Polizeibeamte bei seinen Maßnahmen nicht rechtskonform und darüber hinaus auch unverhältnismäßig vorgegangen war.
Volltext der Entscheidung
Landgericht Tübingen
Urteil
In dem Strafverfahren gegen
███████ █████████
geboren █████████, wohnhaft ██████████████████ ██████████████████
Verteidiger:
Rechtsanwalt Jürgen Just, Kriegsstraße 212, 76135 Karlsruhe
wegen Beleidigung in Tateinheit mit tätlichem Angriff auf Vollstreckungsbeamte
Das Landgericht - 25. Kleine Strafkammer - Tübingen hat in der Hauptverhandlung vom 10.11.2021 und 17.11.2021, an der teilgenommen haben:
[Namen der Beteiligten]
für Recht erkannt:
Auf die Berufung des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Calw vom 07.06.2021 mit der Maßgabe aufgehoben, dass der Angeklagte wegen Beleidigung schuldig gesprochen wird.
Er wird verwarnt.
Die Verurteilung zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzenz u je 40,- Euro bleibt Vorbehalten.
Die weitergehende Berufung des Angeklagten wird verworfen.
Der Angeklagte trägt 1/5 der Kosten des Verfahrens beider Instanzen und 1/5 seiner insoweit entstandenen notwendigen Auslagen.
Die übrigen Kosten des Verfahrens beider Instanzen und die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten trägt die Staatskasse.
Angewendete Vorschriften: §§ 185, 194 StGB
Gründe:
(abgekürzt gem. §§ 332, 267 Abs. 4 StPO)
I.
Das Amtsgericht -Schöffengericht- Calw hat am 07.06.2021 den Angeklagten wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Beleidigung zu der Freiheitsstrafe von 10 Monaten auf Bewährung verurteilt.
Gegen dieses Urteil legten die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte jeweils form- und fristgerecht Berufung ein.
Der Angeklagte erstrebte mit seinem Rechtsmittel einen Freispruch, die Staatsanwaltschaft ursprünglich die Verhängung einer höheren Freiheitsstrafe. Die Staatsanwaltschaft nahm ihre Berufung in der Berufungshauptverhandlung zurück.
Das Rechtsmittel des Angeklagten hatte überwiegend Erfolg
Eine Verfahrensabsprache lag dem Urteil nicht zugrunde.
II.
Zur Person des Angeklagten hat die Kammer auf Grund seiner insoweit glaubhaften Angaben in der Hauptverhandlung, der Auskunft aus dem Bundeszentralregister vom 26.10.2021 und den Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen im angefochtenen Urteil, welche mit dem Angeklagten erörtert wurden, Folgendes festgestellt:
Der Angeklagte ist seit ca. 4 Jahren in Rente [...] Der Angeklagte ist zumindest seit 2003 herzkrank, er leidet an einer dilatativen Kardiomyopathie, einem permanenten Vorhofflimmern und einer Linksherzinsuffizienz. Er ist strafrechtlich bislang nicht in Erscheinung getreten.
III.
Am 18.08.2020 fuhr der Angeklagte gegen 09:30 Uhr mit dem Pkw Mercedes Benz, amtliches Kennzeichen ████████, wegen eines Magen-Darm-Infekts zur Praxis des Dr. H████████ in ████████████. Er hatte dort um 9:30 Uhr einen Termin vereinbart. Da er dringend zur Toilette musste, löste er bereits beim Heranfahren zur Arztpraxis den Sicherheitsgurt und parkte anschließend auf dem auf der Straße gekennzeichneten Parkplatz vor der Arztpraxis ein. PHK Michael L████████, welcher kurz zuvor ebenfalls die Arztpraxis aufgesucht hatte, befand sich in Uniform vor der Praxis des Dr. H████████ und hatte den Einparkvorgang ohne Gurt beobachtet. Um ein verkehrserzieherisches Gespräch zu führen, klopfte PHK L████████ die Scheibe der Fahrertür des Pkws des Angeklagten und sagte: „Haben Sie eine Gurtbefreiung?“. Dieser antwortete: “Ich möchte aussteigen und dabei ist der Gurt hinderlich. Außerdem steht Aussage gegen Aussage, meine gegen die eines Dorfpolizisten.“ PHK L████████ entschloss sich daraufhin den Angeklagten zu sanktionieren und eine Personenfeststellung durchzuführen. Der Angeklagte stieg aus. Auf die anschließende Aufforderung des PHK L████████ zur Personalienfeststellung den Führerschein und Fahrzeugschein vorzuzeigen, äußerte der Angeklagte, dass er keine Zeit habe und zu einem dringenden Arzttermin müsse. Hierbei hatte der Angeklagte PHK L████████ als uniformierten Beamten erkannt und ihm war bewusst, dass dieser zur Feststellung seiner Personalien berechtigt war. Der Angeklagte wollte um sein Fahrzeug herumlaufen, um zur Praxis zu gelangen, damit er dort die Toilette aufsuchen könne. Dabei hielt er seinen Geldbeutel, seine Fahrzeugschlüssel sowie sein Handy in den Händen.
PHK L████████ äußerte daraufhin, dass der Angeklagte doch wegen so einer Kleinigkeit keinen Widerstand leisten werde und legte dem Angeklagten, welcher ihm den Rücken zukehrte, mindestens eine Hand, in welcher er auch seinen Notizblock hielt, auf dessen Schulter. Der Angeklagte, welcher nicht damit gerechnet hatte, angefasst zu werden, schüttelte die Hand des PHK L████████ ab, indem er seine Schulter ruckartig bewegte. Dem überraschten PHK L████████ fielen sein Notizblock und sein Handy zu Boden. PHK L████████ hob sein Handy auf und brachte ohne weitere Androhung oder Ankündigung des unmittelbaren Zwangs den sich immer noch bei seinem Fahrzeug befindlichen Angeklagten mittels eines heftigen Griffes um die Brust zu Boden.
Dabei fielen dem Angeklagten seine Brille und die Gegenstände, welche er in den Händen gehalten hatte, auf die Straße. Er wehrte sich gegen den körperlichen Angriff des PHK L████████. Er drehte sich seitlich ein, trat und kniff ihn unter anderem heftig in den Oberschenkel. Schließlich gelang es PHK L████████ den Angeklagten auf dem Bauch liegend am Boden zu fixieren, indem er seine Hände auf dem Rücken festhielt und mit mindestens einem Knie im Beckenbereich auf dem Angeklagten kniete. Während dessen rief der Angeklagte um Hilfe und stieß mehrfach lauthals die Worte: „Drecksau, Drecksau“, „Dreckssack“, „Arschloch" und „bescheuerter Dorfpolizist“ aus, um PHK L████████ in seiner Ehre zu verletzen. Zudem schrie er, er könne nicht mehr atmen, da er befürchtete, dass ihm „wie in den USA“ auf den Hals gekniet werde. Das laute Schreien des Angeklagten war im naheliegenden Rathaus und in der Arztpraxis zu hören, sodass sich der Arzt Dr. H████████ und die im Rathausarbeitenden Zeugen K██████ und A██████ vor Ort begaben. Zuvor hatten die Zeugin A██████ und die Zeugin R███████, welche ebenfalls im Rathaus arbeitete, die Polizei alarmiert. Als weitere Kollegen des Polizeipostens ████████████████, die Zeugen PK B████████ und PHM R████████, eintrafen, wurde der Angeklagte, welcher mittlerweile auch eingekotet hatte, durch zwei Beamte auf einen Stuhl der in der Nähe befindlichen Pizzeria gesetzt. Die auf die Straße gefallenen Gegenstände wurden vor ihm auf einen Tisch gelegt.
Im Anschluss wurden die Personalien des Angeklagten festgestellt. Der Angeklagte war jedoch weiterhin sehr aufgeregt und aufgebracht und stieß Beleidigungen aus. Nachdem ihn PK B████████ energisch zur Ruhe ermahnt hatte, wurde er ruhiger. Dem Angeklagten wurden Handschellen angelegt und er auf die Wache verbracht. Im Polizeifahrzeug war der Angeklagte friedlich. Auf der Wache wurde der Angeklagte in eine Zelle verbracht. Zuvor durfte er telefonieren, was er in ruhigem Ton auch tat. Auf sein Bitten hin wurde ihm später gestattet, sich notdürftig auf der Toilette zu reinigen. Um 11 Uhr wurde er aus der Zelle geholt und bis 13:25 Uhr durch EPHK S████████ vernommen. Anschließend wurde der Angeklagte zur erkennungsdienstlichen Behandlung zum Polizeirevier nach ████████ verbracht. Von dort wurde er am späten Nachmittag zurück nach ████████ gefahren.
PHK L████████ erlitt Schmerzen, ein kleines ringförmiges Hämatom unterhalb des linken Knies und ein kleines Hämatom am Oberschenkel. Der Angeklagte hatte leichte Schürfungen an beiden Ellenbogen.
Strafantrag wegen Beleidigung wurde form- und fristgerecht gestellt.
IV.
Die Feststellungen zur Tat beruhen auf den Angaben des Angeklagten und den Aussagen der Zeugen Michael K██████, Tanja A██████, Simone R████, PHK L█████. und PK B█████.
Der Angeklagte hat den Sachverhalt eingeräumt.
Er führte aus, dass er nicht mit bekommen habe, dass PHK L██████ ihn an der Schulter gefasst habe. Er habe sich jedoch gar nicht von seinem Fahrzeug entfernen können, da er plötzlich einen „Rempler"' bekommen habe und dann auf dem Asphalt gelandet sei. Er habe das Gefühl gehabt, dass PHK L██████ ihm auf dem Rücken gestanden sei, was bei ihm starke Atembeschwerden, Panik und Angstgefühle ausgelöst habe. Dass er dabei Beleidigungen gerufen habe sei richtig. Er erinnere sich mehrmals „Drecksau" oder vielleicht auch „Drecksack“ gesagt zu haben. Auch etwas mit „Dorfpolizist" sei dabei gewesen. Er selbst habe durch den Vorfall nur leichte Abschürfungen an den Ellenbogen erlitten und seine Hose sei versaut gewesen, da er während des Vorfalls nicht mehr rechtzeitig die Toilette erreichen konnte und eingekotet habe.
Die Angaben des PHK L██████ decken sich vom äußeren Ablauf nahezu vollständig mit der Schilderung des Angeklagten. Lediglich das Abschütteln seiner Hand, welche er auf die Schulter des Angeklagten gelegt habe, schilderte er als „Wucht nach hinten“, welche er als Angriff interpretiert habe. Auf Nachfrage erinnerte er sich auch an die einzelnen im Sachverhalt aufgeführten Beleidigungen.
Die Angaben des Angeklagten werden bestätigt durch die Angaben der übrigen Zeugen, insbesondere denen der drei unbeteiligten Zeugen K██████, A██████ und R████. Diese Zeugen berichteten spontan und glaubhaft aus ihrem jeweiligen Blickwinkel Ausschnitte des Geschehens.
So schilderten die Zeugen K████ und A████ übereinstimmend, dass PHK L███████ den Angeklagten bei seinem Fahrzeug auf den Bauch gelegt gehabt und dessen Arme auf dem Rücken mithilfe seines Knies im Kreuz des Angeklagten fixiert habe. Der Angeklagte habe laut geschrien. Der Zeuge K████ erinnerte sich an die Äußerungen „Arschloch“ und „amerikanische Verhältnisse“. Die Zeugin A████ schilderte Hilferufe und weitere Äußerungen, an deren Inhalt sie sich nicht mehr erinnern könne und führte aus, dass der Mann ihrer Einschätzung nach Panik und Angst gehabt habe.
Die Zeugin R████, berichtete, dass sie laute Hilferufe, aber auch Äußerungen wie „Drecksack“ und „Scheißstaatsgewalt" gehört habe und daraufhin aus dem Fenster geschaut habe. Sie habe zwei miteinander rangelnde Personen gesehen, welche hinter einem Auto vor der Praxis H██████ auf dem Boden gelegen seien.
PK B██████, welcher später hinzukam, bestätigte den Sachverhalt ebenfalls. Er berichtete, dass PHM L██████ den Angeklagten auf dem Boden fixiert gehabt habe, als er eintraf. Der Angeklagte sei außer sich gewesen und habe unter anderem herumgeschrien: „Das Arschloch zeige ich an!“, außerdem habe er von Methoden wie in den USA gesprochen.
V.
1. Der Angeklagte hat sich damit der Beleidigung zum Nachteil des Zeugen L██████ schuldig gemacht.
2. Soweit dem Angeklagten weiter zur Last gelegt wurde, tateinheitlich einen tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung begangen zu haben, ist er durch Notwehr gerechtfertigt:
Der Tatbestand des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte setzt nach Maßgabe der §§ 114 Abs. 2, 113 Abs. 2 StGB als objektive Bedingung der Strafbarkeit voraus, dass die maßgebliche Diensthandlung, der ein Widerstand bzw. ein tätlicher Angriff entgegengesetzt wird, rechtmäßig ist. Kann die Rechtmäßigkeit der Diensthandlung hingegen nicht festgestellt werden, lässt deren Unrechtmäßigkeit die Rechtswidrigkeit entfallen und macht die Diensthandlung zum rechtswidrigen Angriff gegen den Betroffenen, gegen den grundsätzlich Notwehr zulässig ist. Dabei kommt es auf die formelle Rechtmäßigkeit der Diensthandlung an, also auf das Vorliegen einer gesetzlichen Eingriffsgrundlage, die sachliche und örtliche Zuständigkeit des handelnden Polizeibeamten zum Eingreifen und das Einhalten der wesentlichen Förmlichkeiten. Der handelnde Organwalter trägt darüber hinaus die Pflicht zur situationsangemessenen Beurteilung erkennbarer Eingriffsvoraussetzungen sowie im Falle eines durch die Eingriffsnorm eröffneten Ermessens zu einem adäquaten Ermessensgebrauch (BGHSt 4, 164; 21, 363; OLG Köln, NStZ 1986, 235; OLG Celle vom 23.07.2012 [31 Ss 27/12]; BGHSt 21, 343, 363).
Vorliegend war die Diensthandlung nach Überzeugung der Kammer nicht rechtmäßig:
Es fehlte bereits an einer ordnungsgemäßen Belehrung des Angeklagten gemäß §§ 163b i.V.m. § 163a Abs. 4 Satz 1 StPO, 53 OWiG.
Darüber hinaus wäre es erforderlich und zumutbar gewesen, dem Angeklagten, welcher sich noch nicht entfernt hatte, vor der Anwendung unmittelbaren Zwangs in der massiven Form des „zu Bodenbringens“ zum Zwecke der Identitätsfeststellung diese Maßnahme anzudrohen.
Vorliegend ist nach der Einschätzung der Kammer auch die getroffene Maßnahme, nämlich das zu Bodenbringen, nicht verhältnismäßig. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Angeklagte nur einen geringfügigen Verstoß begangen hat, es sich ersichtlich um einen älteren, körperlich unterlegenen Betroffenen handelte, welcher - auch für den Zeugen L██████ erkennbar - die in unmittelbarer Nähe befindliche Praxis aufsuchen wollte. Zudem befand sich das Fahrzeug, mit welchem der Angeklagten gekommen war, vor der Praxis.
Das Abschütteln der Hand des Zeugen L██████ kann nicht als notwehrfähige Widerstandshandlung oder Angriff gegen Vollstreckungsbeamte gewertet werden, da der Angeklagte mit dem Rücken zum Zeugen stand und nur seine Schulter bewegte.
Die durch den Angeklagten gegenüber dem Zeugen L██████ begangene vorsätzliche Körperverletzung war gemäß § 32 StGB auch erforderlich und geboten, da er sich gegen einen massiven Angriff des körperlich weit überlegenen Zeugen L██████ mit einfacher körperlicher Gewalt zur Wehr setzte und dieser nur geringfügige Verletzungen davontrug.
VI.
1. Bei der Strafzumessung ging die Kammer vom Strafrahmen des § 185 StGB aus:
Dabei war zu Gunsten des Angeklagten zu werten, dass er die Tat einräumte und sich einsichtig zeigte. Auch das straffreie Vorleben des Angeklagten und die Situation, aus der heraus die Tat begangen wurde, war zu sehen. Gegen den Angeklagten spricht die Vielzahl der Beleidigungen. Auch erfolgten die Beleidigungen im öffentlichen Raum und wurden aufgrund der Lautstärke von mehreren außenstehenden Personen wahrgenommen.
Unter Berücksichtigung sämtlicher Strafzumessungsgesichtspunkte hielt die Kammer daher eine
Geldstrafe von 60 Tagessätzen
für tat- und schuldangemessen.
Die Tagessatzhöhe war nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Angeklagten mit 40,00 € je Tagessatz zu bemessen.
2. Nach der Überzeugung der Kammer war neben dem Schuldspruch eine Verwarnung gem. § 59 StGB ausreichend, um auf die Tat angemessen zu reagieren. Der Verurteilung zu der Geldstrafe bedurfte es aufgrund nachfolgender Gesamtabwägung nicht:
Dem Angeklagten kann eine positive Legalprognose bescheinigt werden. Es ist zu erwarten, dass er künftig auch ohne Verurteilung zu einer Geldstrafe keine Straftaten mehr begehen wird.
Nach einer Gesamtwürdigung der Tat und der Persönlichkeit des Angeklagten liegen außerdem besondere Umstände vor, die eine Verhängung der Strafe entbehrlich machen. Die Tat stellt sich als singuläre Verfehlung dar, insbesondere vor dem Hintergrund seiner strafrechtlichen Unbescholtenheit in der Vergangenheit. Sein Verschulden liegt im unteren Bereich, da die Beleidigungen im Rahmen eines gegenwärtigen rechtswidrigen Angriffs des Geschädigten gegen ihn geäußert wurden. Vorangegangen war eine Situation, welche sich in unglücklicherweise aufgeschaukelt hatte. Eine gesteigerte kriminelle Energie ist in der Tat nicht zutage getreten.
Die Verteidigung der Rechtsordnung gebietet die Verurteilung zu einer Geldstrafe nicht, da eine Verwarnung mit Strafvorbehalt für das allgemeine Rechtsempfinden nicht schlechthin unverständlich erscheint und das Vertrauen der Bevölkerung in die Unverbrüchlichkeit des Rechts und den Schutz der Rechtsordnung vor kriminellen Angriffen nicht erschüttert wird. Der Angeklagte selbst hatte sich in der Vergangenheit noch nie wegen eines Beleidigungsdeliktes oder wegen anderer Vergehen zu verantworten. Eine ungerechtfertigte Nachgiebigkeit ist darin nicht zu erblicken, zumal es sich vorliegend nach Auffassung der Kammer, wegen der oben geschilderten Umstände der Tatbegehung und der nach der Tat erlittenen Maßnahmen durch die Polizei - der Angeklagte wurde in Handschellen zur Polizeiwache verbracht, dort mit eingekoteter und nur notdürftig gesäuberter Hose bis 11 Uhr in eine Zelle gesperrt, anschließend bis 13:25 Uhr vernommen und danach zur Kriminalpolizei nach ██████ gebracht, wo er erkennungsdienstlich behandelt wurde - um einen Fall handelt, in dem eine Verfahrenseinstellung gem. § 153a StPO angebracht gewesen wäre.
Die Verurteilung zu der oben genannten Geldstrafe konnte daher Vorbehalten werden.
VII.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 4 StPO.
W.
Vorsitzende Richterin am Landgericht